Die Insel: Worüber man gar nicht gerne redet

Als die furchtbare und turbulente Zeit nach dem Vorfall zu Ende ging, war Geld nicht mehr viel wert. Denn es gab sehr wenig, was man dafür kaufen konnte. Aber die Lage stabilisierte sich und mit viel kleinerer Flamme fing das Leben wieder an zu brennen.

Die Leute auf der Insel hatten früher ein wenig vom Fischen und ganz viel von den Touristen gelebt. Und das ganz gut in einer Zeit als jeder ein pittoreskes Inselhäuschen sein eigen nennen wollte, und haufenweise Städter unbedingt das Seefischen erlernen wollten. Die Männer füllten Abends alle drei Pubs und die Frauen kauften aus lauter Langeweile alles, was die Läden hergaben. Der Inselladen wuchs und wuchs und war bestückt mit lauter Klamotten mit Bildern und Abzeichen, mit Fischmotiven bedruckten Bechern und Leuchttürmen aus Gips. Die Töpferei töpferte, was das Zeug hielt und der Haushaltwarenladen gehörte zu den bestbestückten der Inseln. Damit auch bloß jeder fand, was er vergessen hatte, einzupacken.

Und dann war alles vorbei. Jetzt verfielen die noch gut ausgerüsteten Ferienhäuser, die Läden waren alle dicht, die übriggebliebenen Waren mit Staub überzogen.

Wie jeder auf den Inseln hatten der Pastor und Tante Lovely als es zu Ende ging, eine kleine Barschaft in einem Versteck zusammengetragen. Die Schwestern hatten mitgebracht, was sie an Bargeld zusammen raffen konnten. Callums Börse war wohl am schlechtesten bestückt gewesen.

Nachdem sie eine Weile zugesehen hatten, wie ihr Geld auf dem Inseldampfer blieb, nur um genug zum Überleben zu kaufen, hatten sie sich das erste Mal zusammen getan und Pläne geschmiedet. Sicher, die Häuser und Waren gehörten nicht ihnen. Aber es hatte sich nie jemand gemeldet, um auf irgendetwas Anspruch zu erheben. Sie hatten sorgsam eine Liste aufgestellt und Captain Truth hatte sie auf dem Festland angeschlagen. Nichts geschah.

Als unter dem Einfluss der Seeluft und ungeheizten Räumen die ersten Dinge begannen zu verrotten, hatte man mit dem Ausverkauf begonnen. Zuerst wurden die Sachen aus dem Haushaltwarengeschäft gegen die Lebensmittel getauscht. Für die vielen Gips Leuchttürme und Kaffeebecher mit Seehunden aus dem Touristenladen fand sich allerdings kein Markt. Tante Lovely argwöhnte, dass der große Stapel von dunkelblauen Troyern den Weg zu Callum gefunden hatte, der sorgfältig Abzeichen und Fähnchen entfernte, bevor er sie trug.

Als nächstes begannen sie ein Projekt, das allen an die Knochen ging. Sie legten am Hang des Hügels oberhalb von Lisbeths Haus einen Terrassengarten an. Sie arbeiteten 6 lange Wintermonate daran. Weitere zwei Jahre dauerte es, bis die vom Dampfer angelieferten Gemüse- und Obstpflanzen eine Ernte erbrachten. Doch von da an wurde es besser. Tante Lovely kochte ein und dörrte. Und immer noch konnte man etliche Stiegen voller Gemüse zum Verkauf an den Kai schleppen. Neve spezialisierte sich auf Stockfisch. Callum bekam seine Grace seetüchtig und begann Hummer zu fangen, die verkauft wurden. Der Pastor und Lisbeth jäteten Unkraut. Aber nur, bis Lisbeth neuestes Projekt Gestalt angenommen hatte.

Und da wären wir heute. Wie das ungebaute Haus des verrückten Richies dazu beigetragen hat, ihre Vorräte kühl und trocken zu lagern und wie Lisbeth sich heimlich in Neves Haus stiehlt, um in der Encyclopedia Britannia alles über Schafe und Käse zu lesen und immer öfter am Laptop des Pastors zu finden ist – das ist alles eine andere Geschichte.

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