Error: Invalid or missing Google Analytics token. Please re-authenticate.

Da gibt es ein Café

Es existiert irgendwann. Und irgendwo. Ein gutes Stück in der Vergangenheit. Oder in einer parallelen Welt. Es ist anders als alle anderen Cafés.

Es ist ein Zuhause für seine Besucher – und manchmal ein Abenteuer.

Wo es genau liegt? Etwas entfernt vom Trubel, in einer kleinen Straße, an einer Ecke. Wie man es findet? Nun, zum Beispiel durch Zufall, weil man gerne spazieren geht. Oder weil man es gerade braucht. Es hat zwei große Fenster, als wäre es einmal ein Laden gewesen, der prächtige Dinge vorzuzeigen hatte. Jetzt erblickt man einen Haufen hölzerner Tische verschiedener Größe und ein Sammelsurium aus Stühlen, von denen keiner dem anderen gleicht. Auf den breiten, hölzernen Fensterbrettern im Inneren liegen Zeitungen, manche mit dem Datum vom aktuellen Tag, mehr mit dem der letzten Woche. Ab und zu auch eine Illustrierte mit Bilder, die in der hellen Mittagssonne bereits verblichen sind.

Im Inneren bewegen sich lautlos Gestalten. Ganz unterschiedliche Menschen. Sie reden, laufen mit einem Becher in der Hand herum, beißen in ein Stück Kuchen, sitzen auf den Sammelsuriumstühlen und reden. Und einer spielt Geige. Andere sind mit Schreiben beschäftigt. Einige gestikulieren mit weit ausholenden Gebärden, andere sehen sich still in die Augen.

Komm herein!

Der Boden des Cafés ist aus Holz und er quietscht und knarrt beim Betreten. Vorbei an einem ramponierten Tresen geht es in einen Hinterhof. Durch das helle Türviereck siehst du in einen verwunschenen Garten mit einer noch wilderen Sammlung an Mobiliar als im Innenraum. Es gibt sogar eine alte Hollywoodschaukel. Das kleine Terrassendach aus Plastik ist gelb gedunkelt, wahrscheinlich vom Zigarettenrauch der diskutierenden Studenten unter dem kargen Regen- oder Sonnenschutz – je nach Wetterlage. Ansonsten gibt es ein paar Sonnenschirme in verschiedenen bleichen Farben, auf denen man ab und zu das Logo einer Brauerei oder eines Weinguts erkennen kann. Es gibt Kübel voller Mohn und Rosen und Weinpflanzen an Rankgittern, die die Backsteinmauern zu den Hintergärten der anderen alten Häuser verschönern. Ein einsamer kleiner Jungbaum kämpft tapfer um sein Überleben.

Im Inneren aber fällt dein Blick zuerst auf das große Bücherregal. Voll mit vergessenen oder zu Ende gelesenen Büchern. In vielen weisen aus den Seiten ragende Notizzettel auf herausragende Inhalte hin. Es gibt Reiseführer über so ausgefallene Orte wie „Die Südsee“ und literarische Werke von Moliere oder Shakespeare und einen Theodor Storm ausgerechnet auf Englisch. Dazu ältere, aber immer noch wertvolle Nachschlagewerke wie „Hundert gute Sprüche zur Kontaktaufnahme in neun Sprachen“ oder Ratgeber „Ewig verliebt und doch allein, was tun?“ und viele mehr. Besonders lesenswert sind überall die Anmerkungen.

Das Getränk der Zeit und des Zeitgeistes ist Kaffee, aber auch Tee wird liebevoll serviert und stets frisch aufgebrüht. Es gibt auch einen Wein, einen weißen und einen roten. Dazu Kuchen und Plätzchen und frisches Brot. Manchmal fragt einer nach einem Schnaps. Du denkst nur daran, was du gerade magst und es wird alsbald serviert. Es ist vielleicht nicht genau das, was du bestellt hast, aber sicher das, was du gerade brauchst. Und es kommt nie in derselben Tasse oder demselben Glas.

Der Besitzer ist ganz offensichtlich ein Sammler. Die Dekoration besteht aus alten Plakaten, Zeitungstitel-Seiten besonderer Ereignisse aus vielen Jahrzehnten, gerahmt und unter Glas. Auf Regalen, die rund um die Wände laufen, finden sich Kaffeekannen jeder Epoche, Jubliläumsgläser verziert mit Ranken, Blüten und Jahreszahlen, silberne Blumenvasen, jetzt schwarz angelaufen, und eine bunte Serie von mehr oder weniger alten Kaffee- und Teedosen.

Es ist irgendwie ein magischer Ort, der immerzu in Bewegung zu sein scheint. Hier treffen sich heimliche Liebespaare, beste Freunde, Philosophiestudenten, Verschwörer, Leute, die sich die Köpfe heiß diskutieren, Musikmacher, Bücherleser, Briefeschreiber und Zauberer außer Dienst. Und Einsame.

Ich habe in diesem Café viele Bücher gelesen, manche auch dort gelassen. Ich habe Menschen studiert und manchmal ein paar Worte mit ihnen gewechselt.

Es ist ein Ort, um einfach zu existieren. Es gibt nichts, was man tun müsste. Die Welt wird nicht von hier aus revolutioniert, sie wird hier nur zusammen gehalten. Damit sie nicht zerbricht. Hierhin kommt man, um zu bleiben. Eine gute Weile.

Aber Punkt 19.00 Uhr schließt das Café. Und wenn man sich dann auf dem Bürgersteig wiederfindet, ist es, als müsse man sich erst neu orientieren. Der Einsamkeit, der Kälte, der Dunkelheit oder dem fernen Verkehrslärm entgegenstellen, ja nachdem, was gerade vorherrschend ist.

Der Name des Cafés ist nicht geheim. Und doch kann ihn niemand behalten. Vielleicht heißt es „Zur Ziege“ oder etwas ähnlich abstruses für ein Café. Es steht auf einem handgemalten Holzschild über dem Eingang. Es wird dich finden, wenn du bereit bist.

4 Gedanken zu „Da gibt es ein Café

Schreibe einen Kommentar zu coffeenewstom Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.