Die Insel: Richies Haus

Es war einmal… so märchenhaft beginnt auch die Geschichte von Richies Haus. Vor mehr als einem Jahrhundert verliebte sich ein sehr sehr reicher Mann in die Insel und beschloss, hier eine mächtige Residenz zu bauen und eine eigene Distille gleich dazu. Ein sehr ehrgeiziges Vorhaben, da praktisch alle Baustoffe per Schiff geliefert werden mussten. Und eines Tages hatte es der Bauherr einfach satt. Oder verstarb. Oder, oder… Egal – was blieb, waren ein Paar kniehohe Grundmauern aus riesigen Basaltquadern, fast schon überwuchert. Ein zusammengebrochener Schornstein und ein ungedeckter Ziegelbau ein Stück entfernt. Und das Arbeiterhaus. Ein einfacher Einraumbau, solide gemauert mit einer Reihe kleiner, offener Fenster. Außerdem – zur Freude der jetzigen Inselbewohner- zwei hintereinander in den Felsen gehauene Kellerräume, von denen der hintere fast das ganze Jahr über eine gleichmäßig kühle Temperatur beibehält.

Richies Haus war eigentlich eine Verballhornung aus „The Rich Man’s House“, zu der die Touristen die einzige Attraktion der Insel aussprachlich verschliffen hatten. Heute sind die Keller ein Segen für die Wintervorräte der Bewohner. Im Arbeiterhaus wohnt Callum, nachdem er das Dach ausgebessert und Läden vor die Fenster gesetzt hatte. Er mag es hier draußen. Die Quelle liegt nicht weit vom Haus, er hat sogar schon über eine Wasserleitung nachgedacht. Strom gibt es keinen, aber Callum ist das Licht der Öllampen und Kerzen allemal lieber und wie heute kocht, brät und backt er fast das ganze Jahr draußen über dem offenen Feuer.

Heute dreht sich ein Kaninchen am Spieß über dem offenen Feuer. Fleisch ist ein seltenes Gut hier auf der Insel. Es gab zwar eine Menge Kaninchen, die aber haben sich schnell rar gemacht, als sie merkten, dass sie auf dem Speiseplan standen. Nur selten verfängt sich eines der scheuen Tiere in Callums Fallen. In den Gesichtern der beiden Gestalten, die da am Feuer hocken, spiegelt sich der Feuerschein und beleuchtet eine schlichte und tiefe Zufriedenheit. Pal lächelt schon wieder. Und beide tragen diese blauen Rollkragenpullover.

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