Die Insel: So tun als ob

Stolz wie Könige sitzen Lis und Liam vor den Inselbewohnern und erzählen abwechselnd, was sie herausgefunden haben.

Richie, der natürlich nicht Richie hieß, sondern ein Laird einer der alten Clangeschlechter war, hatte sich die Insel als sein „Reich“ auserkoren und begann mit dem Bau einer Residenz und einer Distillery. Er war ein großer Mann mit wenig Freundlichkeit und groben Manieren. Wohnte er auf der Insel, brauchte er stets seinen Sohn mit, einen hochgewachsenen, dünnen Knaben, der wohl „nicht ganz richtig im Kopf“ war. Später behaupteten die Dorfbewohner, das der Brollachan im Gefolge dieses Jungen auf die Insel gekommen wäre. Ein Brollachan sucht sich stets Wesen mit einem schwachen Geist, um sie leichter befallen zu können. Nachdem zwei junge Erwachsene und drei Kinder in einem recht kurzen Zeitraum von dem Brollachan besetzt worden waren, verrückt geworden waren und zu Tode kamen, begannen die Dorfbewohner Richie und seinen Sohn für die Anwesenheit des Brollachans verantwortlich zu machen. Die Besessenen veränderten sich in ihrem Wesen, litten unter mannnigfaltigen Schmerzen, wurden aggressiv und zerstörerisch, waren lichtscheu und wasserscheu und starben schließlich unter Qualen. Sie starben auch immer allein, da im Augenblick ihres Todes der Brollachan ein neues Opfer suchte. Die Atmosphäre zwischen den Arbeitern, Richie und den Inselbewohnern wurde immer schlechter. Als die Bewohner seine Arbeiter nicht mehr mit Lebensmitteln versorgen wollten und eines Nachts mit Knüppeln und Schaufeln kamen, um im Fackelschein größtmögliche Zerstörung auf der Baustelle anzurichten, gab Richie schließlich auf. Der Brollachan wurde schließlich mit Hilfe einer Ziege gefangen und in das Loch gesperrt.

Nun hatte sich der „Karo-Man“, wie Lisbeth und Liam den Lehrer inzwischen nennen wegen Callum Bemerkung über seine karierten Hosen, aber auch die Mühe gemacht, diese Geschichte einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. So vermutete er, dass die betroffenen Bewohner unter Tollwut litten, die Symptome zumindest sprachen dafür. Und dass der Brollachan erfunden worden wäre, um vor allem Kinder und Jugendliche davon abzuhalten, allein durch die Moore und Wälder zu streifen und sich zutraulichen Tieren und Menschen zu nähern, die sich merkwürdig verhielten. Eine solide, vernünftige Erklärung.

Aber was treibt dann sein Unwesen hier und heute auf der Insel und tötet sogar Hühner? Und was hatten die Kinder dann bemerkt? Was sollen sie tun? Niemand kommt mit einem gutem Vorschlag. Katy zeigt auf wie in der Schule: „Joshua und ich haben etwas besprochen. Es spielt doch keine Rolle, was jeder von uns wirklich glaubt oder ob ihr uns glaubt. Wir könnten doch zumindest versuchen, so zu tun als ob. Das schadet doch nicht, oder?“ „Was genau meinst du?“ fragt Neve sanft. „Das haben wir bei den Nonnen gemacht, jeden Tag“, erklärte Katy. „Sie haben gesagt, wir sprechen mit Gott und er antwortet uns. Aber keines der Kinder hat je etwas gehört und ich bin mir sicher, die meisten Nonnen auch nicht. Aber trotzdem hat es geholfen, irgendwie.

Und die Kinder erklären, dass sie den Brollachan wieder einfangen sollten, ihn mit etwas Lebendigem in das Loch locken und es verschließen, wenn er sich über seine Beute hermacht. Oder eben so tun als ob. Vielleicht wäre der Spuk dann ja gebannt. Sie finden, es ist einen Versuch wert. Verschlossen werden muss das Loch ja sowieso wieder.

Die Erwachsenen sehen sich an. Ja, was kann es schon schaden? Nicht jeder sieht dieselben Monster. Aber wenn man die Monster der anderen akzeptiert und gemeinsam gegen sie kämpft, so wird das Böse in der Welt weniger.

Und so wurde es dann auch gemacht. Und vorerst herrscht wieder Ruhe auf der Insel.

2 Gedanken zu „Die Insel: So tun als ob

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