Die Zeiten ändern sich…

Die dunkle Jahreszeit kommt. Und ich denke nur darüber nach, wie ich sie erhellen könnte. Über Kerzen und Lichter. Über alles, was die Raubtiere fern hält in der Zeit, in der die Finsternis sich stundenlang hinzieht.

Weihnachten, Geburtstage, Winteranfang: keine Tage mehr, auf die man wartet. Sondern Tage, vor denen man flieht. Nicht freudlos, nicht freudvoll. Zähltage, die die Zeit lauter ticken machen. Mahnen, dass sie abläuft.

Ich bin alt. Noch nicht so sehr. Aber da ist eine Uhr, die lauter wird. Schmerzen. Vielleicht ein Grund zur Furcht. Vielleicht noch nicht. Sie werden bleiben. Mehr oder weniger. Ich werde versuchen, meinem Körper noch etwas Mitarbeit abzuringen. Meinem Kopf mehr Akzeptanz. Ihnen gemeinsam mehr Gelassenheit. Es ist die letzte der Lebenszeiten. Noch neu für mich. Auch das muss man lernen.

Ich hoffe, dass die Zeiten sich ändern. Heute zum Beispiel. An einem Wahltag. Es ist Zeit. Ich spüre es in jeder Faser von mir. Es wird Zeit. Für einen Aufbruch. Eine neues Denken. Hoffnung muss her. Ein Strick, an dem alle ziehen. Die Welt dreht sich träge. Nichts wird schnell geschehen. Es muss nur beginnen. Jetzt. Enttäuscht mich nicht.

Ich habe eine Pandemie überstanden. Na ja fast. Die Welt hat sie noch nicht überstanden. Mich so in ihr bewegen, wie ich es einmal getan habe, werde ich vielleicht nie wieder tun.

Gestern Abend einen Film über die großen Wanderungen der letzten Wildtiere gesehen. Ich war da, bei dem Gemetzel am Mara Fluss, wo Hunderttausende von Gnus den Fluss überqueren und Tausende zurückbleiben. Das muss fast 40 Jahre her sein. Die Stelle war nur für Jeeps erreichbar. Keine hundert Toyota Busse mit Japanern. Ich will da doch gar nicht wieder hin. Ich hatte einen so wundervollen großen Teil von der Welt, den ich heute gar nicht wiedersehen möchte. Die Zeiten ändern sich.

Was will ich noch tun? Das ist eine schwere Frage. Ich weiß, was ich nie wieder tun will: Jeden Tag zwei Stunden auf der Autobahn stehen. Mich mit meinem Chef streiten. Existenzangst haben. Allein sein. Kaffee im Laufen trinken.

Was ich darf und was ich will: Jeden Tag tun, was ich will. Na ja, heute muss ich Wäsche waschen. Bügeln ist abgeschafft. Noch einmal die riesigen Atlantikwellen sehen und die Macht des Meeres spüren. An so viele Nordseestränden wie möglich Muscheln für Windspiele sammeln. Die Heimat kennenlernen, vor der ich immer weg geflogen bin. Echt ich freue mich so sehr auf die Elbtalauen. Mein Fluss, fast meine alte Heimat. Damals verlief eine Grenze in der Mitte des Wassers. Oder auf das Häuschen keine 30 m vom Nordostsee Kanal, wo zum Frühstück die Riesenpötte durch die Küche ziehen.

Ich will meinen Menschen lieben und das jeden Tag spüren. Ich will Frieden. Mich mit niemandem streiten. Die Dinge, die ich tue, richtig tun. Mit Muße. Backen, kochen. pflanzen, lesen fotografieren, ein wenig kreativ sein, hinsehen. Vor allem hin sehen. Und Neues sehen und entdecken, weil man endlich Zeit zum Hinsehen hat.

Für diesen Frieden und die Freiheiten, die ich jetzt besitze, bin ich allerdings bereit zu kämpfen. Wenn es sein muss.

Die Zeiten ändern sich. Ich kann es in es in jeder Faser meines Körpers spüren. Und noch bin ich dabei.

2 Gedanken zu „Die Zeiten ändern sich…

  1. Ach, du sprichst mir aus dem Herzen! Die Tage werden kürzer, meine Tage werden weniger, und die Zeit läuft immer schneller. Und dennoch – Zeit haben für Muße, für nötige Arbeit, für Familie und Freunde. Obwohl, auch die werden schon weniger. Zeit für diverse Abschiede. Ich wünsche dir (und mir) ein gutes Leben auch in diesen jetzigen Zeiten! Herzliche Grüße, Hania

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