Die Insel: Am Kai

Heute kommt das Dampfschiff. Und alle Bewohner sind natürlich am Kai oder in seine Richtung unterwegs. Heute kommen nicht nur die Kisten mit den bestellten Lebensmittel, sondern auch Päckchen und Pakete mit mehr oder weniger überraschendem Inhalt. Und natürlich Post – so man denn jemanden hatte, der einem schrieb. Als das Schiff endlich angelegt hat, geht das Gewusel los. Passagiere steigen aus, um sich die Beine zu vertreten und sich umzuschauen, obwohl es gar nichts zu sehen gibt. Kisten und Pakete werden entladen. Ein Dieselschlauch zum Generatortank gelegt. Callum beaufsichtigt das mit entschlossener Miene.

Tev Truth, der Kapitän, schleppt eine große Tafel auf den Kai. Die Nachrichtentafel. Sie ist voller Zettel. Hier sucht jemand ein gebrauchtes Werkzeug, ein Wurf Kätzchen wird angekündigt und die Whisky Brennerei auf der Nachbarinsel hat mal wieder ein Fass „Insulaner -Malt“ auf den Markt geworfen. Eine harsche Mischung aus Resten verschiedener Jahrgänge und Abfüllungen. Genau richtig fürs Inselvolk, da die Flasche relativ günstig über den Tisch, bzw. über den Kai geht. Tante Lovely überprüft, ob ihr Büchergesuch noch an Ort und Stelle fest angepinnt ist.

Zufrieden wendet sie sich ihrer Lebensmittelkiste zu und sieht aus dem Augenwinkel den Pastor schon wieder mit dem Kapitän kungeln. Er gibt sich Mühe, dabei nicht aufzufallen und verhält sich dabei ausgesprochen dämlich. Zwei kleine silberne Tuben wechseln den Besitzer. Als der Pastor sich nach seiner Lebensmittelkiste bückt, fällt Tante Lovely auf, das sich rechts und links seines Scheitels ein schmutzig grauer Streifen entlang zieht, der dann ziemlich nahtlos in das ihm eigene düster schwarzbraune Haar übergeht. Aha, erwischt! Haarfarbe. Der Kerl färbt sich das Haar! Aber wieso? War der etwa auf Brautschau?

Da außer den Möwen und dem Raben Oke hier niemand war, der seinen Kopf von oben betrachten konnte, scheint das Tante Lovely die einzige zulässige Schlussfolgerung zu sein. Was er allerdings genau mit seiner Liebsten macht oder sie mit ihm, dass sie ihm von oben auf den Schopf schauen kann, mag sie sich lieber nicht so genau ausmalen. Obwohl es fraglos seine Reize hätte, genau das zu tun.

Für heute hat sie aber erst einmal genug damit zu tun, darüber nachzudenken, ob seine Wahl auf Lisbeth oder Neve gefallen war. Vielleicht sollte sie mit der fertigen Fischpastete mal zu einigen Besuchen aufbrechen.

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