Trommelwirbel: Sommersonntag!

Trommeln tut es. Der Regen auf das Terrassendach. Als wir für die Hunde die Gartentür öffnen, kann man den Abscheu auf ihren Gesichtern erkennen und ich beeile mich, ihnen zu versichern, dass ich wirklich nichts, gar nichts damit zu tun hätte. Sie glauben mir nicht.

Ich hole den Rest der Zeitung herein, die ich gestern noch auf der Terrasse gelesen hatte. Man muss sie vorsichtig behandeln, sie wickelt sich wie ein nasser Lappen um meine Hand. Lesefreude kommt auch nicht so auf. Weder beim Artikel über das Erstarken des Rechtspopulismus in Europa noch bei der Abhandlung über Martin Walser vs. Reich-Ranicki. Der Artikel über irgendwas über Walter Ulbricht mit dem Tanzfoto mit seiner Frau ist Gott sei Dank oben eingerissen.

Aber plötzlich habe ich da einen stillen Mitleser. Ich weiß nicht, was er an Weisheit in diesem Artikel erkennt, aber er scheint definitiv interessiert.

Aber sein Interesse erlahmt ebenso schnell wie meines. Wir wenden uns dem Veranstaltungsteil zu. Ich versuche ihm zu erklären, dass ich es für eine bescheuerte Idee halte, an einem verregneten Sommersonntag ins Museum zu gehen. Weil das nämlich alle machen. Auch die, die da sonst nicht hingehen würden. Aber seine Ambitionen reichen weit über Frankfurt hinaus.

Ich beende seinen feuilletonistischen Ausflug, indem ich ihn wieder vor die Tür befördere. Er klammert sich verzweifelt an der Tischdecke fest und schaut mich flehentlich an: Aber doch bitte nicht weiter hinaus – schau doch mal hin. Das ist völlig unzumutbar, meine Punkte sind schon ganz ausgewaschen …

Ich bin kurz versucht, ihm einen Vortrag zu halten über asiatische Einwanderer und dass er sich jetzt bloß nicht über das Wetter beschweren soll, lasse es dann aber und erlaube ihm, heute die Tischdecke zu seinem Reich zu erklären, ist ja schließlich Sonntag.

Ein letztes: Ich habe seit neustem so ein akribisches Korrekturprogramm. Da bin ich immer richtig froh, wenn ich einen Absatz geschafft habe, ohne dass der mit roten Punkten zugepflastert ist. Dieser hier ist zum Beispiel ok und ich bekomme einen blauen Punkt mit Haken. Freu!

Zu dem Absatz darüber allerdings hat es im akribischen Modus folgende Anmerkung.

Nun dann. Ich könnte ja diesen Sonntag dazu benutzen, an meiner Satzlänge zu arbeiten. Oder aber auch nicht. Man könnte die Rollos herunterlassen, sich den gestern gebackenen Pflaumenkuchen bereitstellen und im Sofa zu einer Binge-Watching Session versinken.

Ein Gedanke zu „Trommelwirbel: Sommersonntag!

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