Die Insel: Lisbeth zweifelt und Tev träumt

Eigentlich hat Lisbeth so ein wolliges Schaf haben wollen. Na ja, am besten natürlich gleich ein paar mehr davon. Nur ist ihr nach sorgfältiger Recherche klar geworden, dass die Insel dafür nicht genug zu bieten hat. Der Boden ist karg und es findet sich nicht genug schnell nachwachsendes Rauhfutter übers Jahr. So ist dann aus dem Kuscheltier ein Meckertier geworden. Ziegen sind weit anspruchsloser. Sie können zur Not frei laufen und sich Futter überall suchen. Außerdem kann man sie mit Kraftfutter füttern. Will man sie regelmäßig melken, so müssen sie natürlich in der Nähe bleiben, eine Einzäunung ist gefragt. Und ein Wetterschutz. Und natürlich ein Böckchen. Gegen die Haltungsfragen war die Käserei eine vergleichsweise einfache Angelegenheit. Das traute Lisbeth sich zu. Und Übung macht den Meister. Und wirklich Sorgen macht sie nicht nicht. Sie weiß, dass alle kommen werden und einander mit Ratschlägen und kreativen Lösungen übertreffen werden.

Nur eines lieg ihr schwer auf dem Herzen und sie fragt sich, ob sie nicht unbesonnen gehandelt hat. Unbesonnenheit kann man sich nicht leisten dieser Tage. Es geht ihnen wirklich gut im Moment. Zwar ist ein Fehler verschmerzbar, aber – was immer man auch plant oder verbockt – irgendwie sind immer alle davon betroffen. Aber Lisbeth träumt schon solange von frischer Milch und frischem Käse, dass sie es irgendwann einfach hatte tun müssen. So sind jetzt also wohl drei Ziegen auf dem Wasserweg zur Insel.

Mit ihrem schweren Herzen und ihrem ungelösten Problem macht sich Lisbeth also auf zu Callum auf die Kaimauer. Ein Platz neben ihm ist allerdings schon besetzt: von Pal. Sie nimmt die andere Seite. Nauauau? tönt es hinter Callums Pfeife hervor. Lisbeth nimmt das als Aufforderung. Und so sind Callum und Pal die ersten, die etwas wissen von ihrem ganz eigenmächtigen Käse-Projekt. Pal ist gleich begeistert und kann gar nicht mehr still sitzen, je länger sie erzählt. Er würde wohl gleich loslegen und Ställe bauen, wenn sie ihn ließe. Callum ahnt, dass da irgendwo ein Haken ist. „Uuund??“ fragt er. „Zicklein“, antwortet Lisbeth. „Jedes Jahr zwei bis vier“. Callum scheint amüsiert: „Fleisch ist gut“ sagt er. „Und wer tut es?“ fragte Lis verzweifelt. Callum grinst, aber hüllt sich in Schweigen. Pal bekommt diesen sonderbaren Gesichtsausdruck. Was zum Teufel ist hier los? Pals Gesicht ist immer roter geworden, als würde er die Luft anhalten. Lisbeth starrt ihn böse an. Da prustet Pal plötzlich los und während er er noch laut lacht, stößt er zwischen dem Luftholen hervor: „Mein Papa (er sagt Papaa mit dieser unverkennbar französischen Betonung auf der zweiten Silbe) war Metzger! Sie werden nicht mal merken, wie ihnen geschieht.“ Er nimmt Lisbeth in den Arm: „Was für eine gute, gute Idee, die du da hattest.“

Tev Truth hat wenig Schwierigkeiten gehabt, auf der Inseltour ein paar Ziegen aufzutreiben. Die Beförderung ist eine andere Sache. Er hofft sehr, dass er den eigens gebauten Pferch für weitere Tiertransporte nutzen kann. Und er hat eine Überraschung. Als der Ziegenverkäufer ihn fragt, ob er nicht zwei Hühner und den Hahn samt kleinem Hühnerhaus aus der aufgegebenen Hühnerhaltung mitnehmen wollte, hat Tev zugeschlagen. Jetzt hat er ein wirkliches Geschenk für Tante Lovely. Und er ist sich ziemlich sicher, dass er punkten wird. Und vielleicht würde sie ihn auf einen Eierkuchen einladen? Er träumt ein wenig vor sich hin: von einem lodernden Herdfeuer, einem Tisch voll gutem Essen und wenn er vorsichtig weiter träumt, von einer warmen Frau und Düften, so vielen verschiedenen Düften…

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