Verlaufsgrau mit Flugzeug. Ein November Tagebuch.

3. November 2020

Von Flecken vorsichtigem Blaus über Weißgrau bis hin zu durchscheinenden Resten von Morgenrot und am Horizont ein einsames Flugzeug über dem Wald. So sagt mir der Novemberhimmel heute Guten Tag.

Unglaublich, wie wir mit dem Finger zeigen wie Kinder und uns aufmerksam machen: Guck mal, ein Flugzeug! Manchmal denke ich darüber nach, dass meine Eltern sich so sicher waren, dass sie, nach allem was sie durchgemacht hatten, nun uns Kindern eine halbwegs stabile Welt hinterlassen hatten, in der es immer nur vorwärts ging. Vielleicht hätte Vater, der ewige Pessimist, eine weitere Wirtschaftskrise einkalkuliert, aber eine Pandemie? Und waren nicht auch wir uns sicher, das wir in unserer Lebenszeit dem Schlimmsten davon kommen würden?

Das mit dem guten Tag hat sich dann auch gleich erledigt, als ich noch vor den Nachrichten Myriades hautnahen Bericht über die Nacht in Wien las. Worte habe ich dazu leider einfach nicht. Ich bin ein Mensch mit wenig Angst. So bin ich erzogen. Aber ich bin sicher auch ein Kontroll Freak. All diese Dinge, die nach mir greifen und die ich nicht beeinflussen kann, verursachen ein zunehmendes Gesamtunbehagen.

Glücksmoment klein statt groß

Heute geht meinem Glücksmoment ein bitterer Moment voraus. Seit 2 Jahren beobachten meine Schwester und ich täglich die Wellenberichte von Nazare. Nicht weil wir Surf Fans sind, sondern einfach Wellenliebhaber. Und die besten Wellen gibt es nun einmal vor Nazare. Dazu einen wundervollen kleinen Ort voller Fischrestaurants und pittoresker Winkel. Am 29. Oktober rollte – ausgelöst von einem Hurrikan – die größte Welle aller Zeiten vor dem Fort Sao Miguel Acanjo herein. Natürlich ohne uns. Und wann es die nächste geben wird?

Dies ist der Morgen des Tages. Das Video zeigt sehr schön, wie die Wellen beginnen sich aufzubauen. Wie aus dem scheinbar ruhigen Meer die Monster entstehen, gespeist von einer unterirdischen Strömung. Eine Minute stilles Meervergnügen in Licht der aufgehenden Sonne.


Ich streife heute durch das Haus mit einem besonderen Blick für alle meine Meerfundstücke: Gläser voller Muscheln und Federn, Treibholzstücke, Strandgutmobile, Teile von einem Schiffswrack, runde Kiesel vom Strand in Nazare. Da gibt es keine Muscheln, der breite Sandstrand ist ein Steinstrand. Muscheln halten der Wildheit des Atlantiks vor der Küste nicht stand.

Sie zu betrachten und sie zwischen den Fingerspitzen zu fühlen ist für den Moment genug. Ich habe eine Liste für die Zeit danach. Einen Sonnenaufgang in Nazare erleben steht ziemlich weit oben.

2 Gedanken zu „Verlaufsgrau mit Flugzeug. Ein November Tagebuch.

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