Selamik & Hanakotoba oder wie manchmal alles so zusammen kommt

Selamik und das viktorianische England

Lady Mary Wortley Montagu hielt sich 1718 in Istanbul auf.Die Schriftstellerin schilderte in Briefen ihre Eindrücke und war besonders fasziniert von etwas, das man Selamik (Selam ist der öffentliche Bereich eines ansonsten nicht oder nur für bestimmte Personen zugänglichen Gebäudes) nannte, einer Blumensprache, mit Hilfe derer sich die eingeschlossenen Haremsdamen mit der Außenwelt verständigten. Ob sie nun tatsächlich Zugang zu einem Harem erlangte, wissen wir nicht. Aber sie übermittelte die Feinheiten in das viktorianische England weiter, wo sie alsbald begeistert aufgenommen wurden. War doch in der sittenstrengen Zeit eine offene Kommunikation vor allem unter Liebenden eine unmögliche Sache. So wurden jetzt einzelnen Blumen, Blüten und auch Zweigen besondere Bedeutungen zugeschrieben. Und nicht nur Positives, auch Negatives konnte man ausdrücken. So wurde ein Blumenstrauß mit verschiedenen Blumen zu einem ganzen Liebesbrief mit allen Feinheiten. Ebenso wie die Blumen wurde auch die Position von kleinen Anstecksträußen und einzelnen Blumen beim Herren eine große Sache der Symbolik.

„Sag es durch die Blume“ ist eine Redewendung, die dieser Zeit entstammt. Auch heute stehen rote Rosen für Liebe, weiße Lilien oder Calla sind ein Grabschmuck. Die Bedeutungen haben sich im Laufe der Zeit und je nach nationalen und regionalen Bräuchen erheblich verändert. So steht eine bestimmte Blüte durchaus für sehr unterschiedliche Dinge.

Hanakotoba

Das ist die asiatische Version der Blumensprache. Sie ist in Japan auch nicht mehr so gegenwärtig wie in den letzten Jahrhunderten, aber im Ikebana ist sie nach wie vor wichtig. Animes und Mangas haben sich ebenfalls der Blumensprache bemächtigt.

Die verlorenen Blumen der Alice Hart

Ich kam zur Sprache der Blumen durch eine TV Serie. „Die verlorenen Blumen der Alice Hart“ erzählt von der vorwiegend weiblichen Seite einer Familie von Blumenzüchterinnen in Australien, die außerdem eine Art Frauenhaus betreibt. Die Geschichte basiert auf dem Buch der australischen Schriftstellerin Holly Ringland. In diesem Film gab es ein „Blumenbuch“, ein riesiges Werk und ein Schatz der Familie. Dort wurden getrocknete und gezeichnete Blumen im Detail beschrieben und ihre Symbolik festgelegt. Oft nutzen die Frauen in diesem Buch dieses nonverbale Mittel der Kommunikation, wenn es ihnen ansonsten die Sprache verschlagen hatte.

Ein eigenes Gartenbuch

Mich faszinierte die Idee. Ich wollte fortan mein eigenes Gartenbuch. Die Idee entwickelte sich Stück für Stück. Ein Herbarium konnte es nicht sein. Ich erinnerte mich aus meiner Kindheit, dass ich die getrockneten Blüten eher traurig fand, ein erneuter Pressversuch bestätigte den hohen Farbverlust. Zeichnen kann ich nicht wirklich. Warum also nicht eine Fotodokumentation, das ist etwas, was ich kann.

Es sollte alles dokumentiert werden, was in unserem Garten wächst – und der ist groß. Und seit wir die Naturnähe gefördert haben, ist er jedes Jahr Schauplatz für viele neue wilde Arten, die einfach dort wachsen, wo es ihnen gefällt.

Es würde ein Mammutwerk sein. Aber ich gab nicht auf. Ich beschloss, auf detaillierte Pflanzenbeschreibungen zu verzichten. Und nur einige Merkmale hervorzuheben, die mir wichtig sind oder die uns nützlich sein konnten, z.B. Hinweise zu einjährig, mehrjährig oder ausdauernd. Giftigkeit. Art der Vermehrung. Wie die Pflanze in unseren Garten kam. Ihre unterschiedlichen Namen. Und, wenn interessant, etwas zur historischen Symbolik oder zu Legenden und Geschichten.

Ich habe mit den ersten Seiten begonnen. Wenn ich bereits gute Fotos der Pflanzen geschossen hatte. Die meisten werden warten müssen bis zum Frühjahr. Und dann wird mich dieses Projekt wohl das ganze Jahr 2024 ganz schön in Beschlag nehmen.

Selamik Fan Literatur

Wie schon erwähnt natürlich „Die verlorenen Blumen der Alice Hart“ von Holly Ringland.

„Der verzauberte Garten“ von Edith Nesbit mit Illustrationen von Ingeborg Ullrich ist ein Jugendbuch und beschäftigt sich in seiner Handlung ausgiebig mit der Sprache der Blumen. Habe es noch nicht gelesen. Ist bestellt.

In „Die verborgene Sprache der Blumen“ von Vanessa Diffenbaugh kommuniziert eine schwierige junge Frau mit schlimmer Kindheit ausschließlich in der Sprache der Blumen. Bis sie jemanden trifft, der sie auch so versteht. Werde ich vielleicht lesen.

Das beste komplette Werk über die Aussagen der einzelnen Pflanzen, das ich gefunden habe, stammt von S. Theresa Dietz „The Complete Language of Flowers“. Nach ihren lateinischen Namen sortiert, liefert sie neben einer Illustration ihre weiteren Namen, ihre symbolische Bedeutung, ihre möglichen Kräfte und Geschichten/Legenden sowie nennenswerte Fakten aus diesem Bereich. Das Buch wird mich durch das Jahr begleiten. Toll gemacht, aber man braucht die extra große Lesebrille für die 5 Pt Schrift.

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